17.10.2017 | Olaf Thiel

Komfort auf vier Rädern – Neues aus dem Fahrerhaus

Für Trucker ist das Fahrerhaus nicht nur Cockpit und Büro, sondern die meiste Zeit des Jahres auch Wohn- und Lebensraum. Der Toll Collect Blog beleuchtet aktuelle Interieurtrends.

Arbeitsmediziner und -psychologen weisen schon lange darauf hin, dass die Arbeitsplatzgestaltung von immenser Bedeutung für die Zufriedenheit und Gesundheit im Berufsalltag ist. Und was für Büroangestellte gilt, gilt umso mehr für den Brummifahrer. Denn er verbringt die meiste Zeit des Jahres fernab der Heimat im Fahrerhaus. Lkw-Hersteller wissen um die Verantwortung für die Gesundheit der Trucker. Und so werden mit jeder neuen Modellreihe auch die Führerkabinen hinsichtlich Komfort und Ergonomie weiter optimiert. Diese haben sich mit der Zeit zu kleinen Appartements auf Rädern entwickelt und sind mit den spartanischen Kabinen von früher nicht mehr vergleichbar. Viele Spediteure sind sich der Bedeutung der angebotenen Komforteinrichtungen sehr bewusst. Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund des akuten Nachwuchsmangels und des damit verbundenen Wettbewerbs der Transportunternehmen untereinander um geeignetes Personal.

Eines sollten Fahrer und Spediteure aber nicht vergessen: Für die Erholung und die Gesundheit der Fahrer ist vor allem dienlich, regelmäßig Zeit außerhalb des Führerhauses des Lkw zu verbringen. Das hat auch der deutsche Gesetzgeber erkannt und im Mai diesen Jahres das Fahrpersonalgesetz geändert. Dieses besagt nun, dass den Fahrern für die regelmäßige Wochenruhezeit eine „geeignete Schlafmöglichkeit“ zur Verfügung gestellt wird. Auch wenn nicht definiert ist, wie diese aussieht – fest steht, im Cockpit darf nicht geschlafen werden. Bei einem Verstoß droht ein Bußgeld.

Qual der Wahl

Beim Angebot der Hersteller haben Sie die Qual der Wahl: Im Angebot von MAN gibt es beispielsweise acht verschiedene Fahrerhausmodelle  – von der Kompaktvariante C über die Doppelkabine mit Sitzplätzen für maximal sechs Personen bis hin zur XXL-Abmessung mit zwei Schlafplätzen. Ein moderner Führerstand für internationale Strecken verfügt in der Regel über Teppich, ein großzügiges Raumangebot mit Bett inklusive Lattenrost und Mehrzonen-Kaltschaummatratze, Schränke und Staufächer sowie einen Kühlschrank und eine Mikrowelle. Und bei Innenhöhen von über zwei Metern finden hier selbst groß gewachsene oder kräftiger gebaute Fahrer ausreichend Bewegungsfreiheit.

Der Renault „T Maxispace High Edition“ kann darüber hinaus den Beifahrersitz um 90 Grad drehen, hingewandt zu einem ausklappbaren Tisch. Den nutzt der Fahrer dann nicht nur zum Essen, sondern auch als Schreibtisch. So kann er abends noch die Büroarbeit erledigen. Oder er bucht, falls im Lkw keine OBU verbaut ist, die mautpflichtigen Strecken für den kommenden Tag. Dafür bietet Toll Collect ab Mitte Dezember eine optimierte manuelle Einbuchung ins Mautsystem per Smartphone oder Desktop-PC.

Bei Trucks von Mercedes-Benz lässt sich der Beifahrersitz durch einen Sessel mit Beinauflage auswechseln oder der Fahrersitz zum Massagestuhl umfunktionieren. Und nicht zuletzt ermöglichen Internetzugang und Unterhaltungselektronik dem Fahrer wenigstens virtuell Zeit mit seiner Familie zu verbringen. Das Fahrerhaus von heute soll damit vor allem für ein ermüdungsfreies, konzentriertes Fahren und bei den zahlreichen Zwischenstopps auf Rast- und Parkplätzen für entspannte Ruhezeiten und höchsten Wohnkomfort sorgen.

Forschung für das Fahrerhaus

Daylight+: zusätzliches Licht beeinflusst das mentale Befinden des Truckers positiv

Der Daimler-Konzern forscht mit einer ganzen Abteilung an unterschiedlichen Ansätzen für das Führerhaus der Zukunft. Ob verbesserter Schallschutz, eine Belüftungsanlage mit entspannenden Düften, ein integrierter Seilzug oder ein Monitor, auf dem Fitnessübungen für die Fahrerkabine abgespielt werden – viele Erfindungen sind bereits in die Produktion vergangener und aktueller Actros-Modelle eingeflossen. Dabei geht es auch um Lichtkonzepte. Mit dem „Daylight+“-Modul sorgt während der Fahrt und in den Pausen eine Tageslichtapplikation für zusätzliches Tageslicht in der Kabine. Damit soll sich das subjektive Befinden der Lkw-Fahrer verbessern. Und die sogenannte Lichtdusche, angebracht im Dachhimmel, soll auf Knopfdruck den Fahrer nach langer Fahrt wieder munter machen.

Neue Gestaltungsmöglichkeiten fürs Interieur

Bei Iveco sitzt der Fahrer der Zukunft in einer Kuppel

Die Europäische Union hat 2015 die EU-Richtlinie 2015/719 verabschiedet. Diese ermöglicht Herstellern, dass sie künftig ihre Baureihen ohne Verlust von Ladefläche umgestalten können. Demnach dürfen Lkw zukünftig insgesamt länger werden, wenn sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Neben Aspekten der Aerodynamik und dem Schutz anderer Verkehrsteilnehmer steht damit auch der Komfort der Fahrer im Mittelpunkt. So erhalten Entwickler zusätzlichen Spielraum für die Neugestaltung von Fahrerhäusern.

Einen Vorgeschmack gibt die futuristische Lkw-Studie Z-Truck von Iveco. Hier sitzt der Fahrer in einer abgekoppelten Kanzel. Das Lenkrad ist eher dem Steuerknüppel eines Jets nachempfunden. Sämtliche Daten und Informationen über Strecke und Fracht werden auf die Frontscheiben digital projiziert. Beim Stopp lässt sich eine Trennwand entfernen, die den Innenraum wesentlich vergrößert. Dahinter befindet sich ein ausfahrbares Bett, eine Küchenzeile mit Kochfeld, Spüle und Kühlschrank. Und das heimelige Wohnabteil verfügt sogar über eine Duschkabine. Ein Feature, das den Beruf des Fahrers auf jeden Fall etwas attraktiver machen würde.

 

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