26.04.2017 | Olaf Thiel

Neue technische Lösungen am Brennpunkt Laderampe

Die Diskussionen von Fahrer und Lagerpersonal über die Abläufe an deutschen Logistikhubs und Lagerhallen reißen nicht ab. Eine Studie des Bundesamtes für Güterverkehr zur Situation an der Laderampe hat die Stimmung eingefangen. Technische Lösungen können Abhilfe schaffen.

Eine Innovation der Österreichischen Post und der Technischen Universität Graz beschleunigt künftig den Entladeprozess von Lkw und ihren Anhängern. Der sogenannte „Entladeteppich“ ist ein vollautomatisches System, das Lkw-Container in weniger als 30 Minuten entlädt. Die Erfindung besteht aus einem Gurtsystem und einem stationären Modul, das an den Lkw gekoppelt ist. Mit dem Gurt wird die Fracht nach Außen geschoben und auf das angedockte Fördersystem verteilt. Container und Lkw sind allerdings oft bis unters Dach beladen. Damit oben liegende Pakete nicht herunterfallen, bremst ein Vorhang den möglichen Fall. Noch dieses Jahr soll die nachrüstbare Technik in Serie gehen. Die Technologie könnte vielleicht künftig in der Logistik- und Transportbranche nicht nur für Zeitgewinn, mehr Effizienz und Entlastung sorgen, sondern gleichzeitig einen lange anhaltenden Konflikt etwas entschärfen.

Der Entladeteppich wurde gemeinsam mit der Österreichischen Post entwickelt. Bereits in diesem Jahr soll Serienreife erzielt und die ersten Produkte 2018 vertrieben werden. Foto: Österreichische Post AG

Laderampe wird zum Politikum

Denn Speditionen klagen seit Jahren über lange Wartezeiten an Logistikzentren und Lagerhallen, da das Personal an der Laderampe mit einem stark schwankenden Aufkommen konfrontiert ist. Zumeist ist den Lagermitarbeitern im Vorfeld nämlich nicht bekannt, zu welcher Uhrzeit die Lkw eintreffen. Und die Fahrer und deren Disponenten wiederum wissen nicht, wann sie mit einer raschen Be- oder Entladung rechnen können. Zudem verschärften bislang saisonale Stoßzeiten und Schwankungen das Problem. An bestimmten Standorten sind in bestimmten Wochen Wartezeiten von bis zu drei Stunden keine Seltenheit. Die Situation ist folglich seit vielen Jahren Gegenstand einer kontroversen Diskussion und sogar zu einem Politikum geworden. Das Bundesverkehrsministerium (BVMI) hat sich mit dem Aktionsplan Güterverkehr und Logistik dem Thema angenommen.

Studie zeigt vielzählige Probleme und Herausforderungen an der Rampe

Im Auftrag des Bundesministeriums hat das Bundesamt für Güterverkehr (BAG) nach 2010 im vergangenen Jahr ein aktuelles Stimmungsbild eingeholt. Der Bericht zeigt, wie unterschiedlich die Situation von den Beteiligten noch immer eingeschätzt wird. Für die Mehrheit der befragten Rampenbetreiber hat sich die aktuelle Lage in den vergangenen Jahren verbessert. Das wird besonders auf die Einführung von IT-Systemen für das Zeitfenstermanagement zurückgeführt. Waren doch bislang Informationsdefizite eine Ursachen für die Staus vor den Rampen. Die Spediteure beurteilen die Lage dagegen wesentlich zurückhaltender. Fast die Hälfte der Transportunternehmer sieht keine Fortschritte seit der letzten Befragung. Die Gründe für die bestehenden Probleme sind mannigfaltig. Vor allem beklagen sie weiterhin die langen Wartezeiten. Zudem bemängeln sie deren unzureichende Vergütung und fehlende Regelungen bezüglich der Arbeitsteilung an der Rampe. Des Weiteren wird oft der Umgang mit den Fahrern vor Ort kritisiert.

Handbuch des BMVI schafft Abhilfe an der Laderampe

2014 hat das Bundesverkehrsministerium das Handbuch „Schnittstelle Laderampe – Gute Beispiele“ veröffentlicht. In einem eigens dafür eingerichteten Arbeitskreis haben Verbände der Verkehrswirtschaft, des Handels und der Industrie gemeinsam an einer Handlungsempfehlung für bestehende Probleme mitgewirkt. Dazu wurden Rampenprozesse in Vor-Ort-Analysen betrachtet und Schwachstellen ermittelt. Daraus haben die Beteiligten Optimierungspotenziale für Verlader zur Abwicklung ihrer Prozesse im Warenein- und -ausgang abgeleitet. Herausgekommen ist ein 52-seitiges Handbuch, das anhand von Praxisbeispielen erläutert, wie sich die Situation mithilfe moderner Kommunikationssysteme und optimierter Abläufe an den Laderampen nachhaltig verbessern lässt.

Dorothee Bär, Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesverkehrsminister und Koordinatorin der Bundesregierung für Güterverkehr und Logistik. Foto: ToKo

„Mit dem Handbuch wollen wir den Unternehmen und Beschäftigten anhand guter Praxisbeispiele zeigen, wie sie die Abläufe an ihren Laderampen verbessern können. Ziel sind kürzere Wartezeiten an den Rampen der Verlader und bessere Arbeitsbedingungen für alle Beteiligten.“

Lösungen für die Rampe

Zur Verbesserung der Kommunikation und Koordination zwischen beiden Seiten empfiehlt es sich unter anderem, eine Avisierung per Telefon oder E-Mail durchzuführen oder das bereits genannte IT-gestützte System für Zeitfenstermanagement einzusetzen. Zudem kann der Fahrer über sein Navigationssystem mögliche Verspätungen erkennen und diese frühzeitig melden. Dadurch können entsprechende Personalkapazitäten und Gabelstapler oder Hubwagen just-in-time bereitgestellt werden. Auf diese Weise muss der Trucker nicht unnötig warten und die Logistiker haben eine Planungssicherheit. Im Rahmen der Zuweisung eignet sich beispielsweise ein Lagerverwaltungssystem, das in Echtzeit die geeignete Rampe ermittelt und bereits an der Pforte bekannt gibt.

Autonome Systeme für die Laderampe

Und dann wäre da noch die Automatisierung und Robotisierung. Die Technologie schafft beispielsweise heute schon bei langwierigen Rangieraufgaben Abhilfe. Der Zulieferer ZF aus Friedrichshafen hat eine Technologie entwickelt, mit der sich ein Sattelzug per Tablet rangieren lässt. So soll die Be- und Entladung künftig automatisiert ablaufen. Das System dazu besteht aus einem kamerabasierten Leitungssystem an der Laderampe. Dort erfassen die Sensoren den Lastzug und senden die Lenkbefehle an das Fahrzeug weiter. Dabei steht der Fahrer neben dem Lkw und sieht auf dem Display den Vorgang aus der Vogelperspektive. Im Notfall kann er eingreifen. Mit der Technik wollen die Ingenieure von ZF die Zahl der Rangierschäden reduzieren. Zudem können die Arbeitsabläufe auf den Speditionshöfen dadurch effizienter werden. Und wenn dann noch der Trailer automatisch ent- oder beladen wird, könnte bald Ruhe an den Laderampen der Republik einkehren.

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