22.11.2016 | Olaf Thiel

Ladungssicherung für Lkw – ohne sie geht es nicht

Tag für Tag werden auf hiesigen Straßen und Autobahnen Millionen Tonnen Güter transportiert. Für die Ladungssicherung ist der Lkw-Fahrer verantwortlich. Neueste Hilfsmittel sollen ihn dabei unterstützen.

Für die Ladungssicherung wird noch immer zu wenig getan. Das zeigen Kontrollen durch die Polizei der Länder und das Bundesamt für Güterverkehr (BAG) und auch tägliche Verkehrsmeldungen über herumliegende Teile und verlorene Ladungen auf den Autobahnen. Nach Angaben des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) gehen im Jahr rund 2.500 Unfälle auf schlecht gesicherte Ladungen zurück. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) schätzt die dadurch entstehenden Kosten auf rund 500 Millionen Euro. Sowohl die Straßenverkehrsordnung (StVO), das Handelsgesetzbuch (HGB), das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) und die Unfallverhütungsvorschriften (UVV) der Berufsgenossenschaft fordern die korrekte Sicherung des Transports. Und das unabhängig davon, ob die Route kurz oder lang ist oder ob es sich um Gefahrgut oder um normale Fracht handelt. Ebenso muss die Ladung für starke Brems- und Ausweichmanöver und schlechte Straßenzustände gesichert sein.

Wird bei einer Verkehrskontrolle die Sicherung der Ladung beanstandet, kann die Weiterfahrt untersagt werden. Dann heißt es an Ort und Stelle: Nachsichern oder Umladen – egal ob der Fahrer den Termin zum Entladen dann nicht einhalten kann oder der gebuchte Fährplatz Richtung Großbritannien verfällt. Viele Fahrer vertrauen beim Thema Ladungssicherung auf ihre Erfahrung oder erhalten Vorgaben von den Auftraggebern – was nicht immer ausreichend ist. Die Sicherung sollte daher nach den Vorgaben der VDI-Richtlinien 2700 ff. erfolgen. In einem Lehrgang können Fahrer den dazugehörigen „Ausbildungsnachweis Ladungssicherung“ erwerben. Zudem verschaffen technische Mittel Abhilfe. Der Toll Collect Blog stellt drei der neuesten Entwicklungen vor.

Antirutschböden für mehr Sicherheit

Oberstes Ziel der Ladungssicherung muss sein, dass die Fracht auch ihre Position in jeder Situation beibehält. Dabei spielen vor allem Naturgesetze eine Rolle. Die sogenannte Reibungskraft verhindert bzw. vermindert die Verschiebung der Ladung. Ihre Wirkung wird von den Oberflächen des Frachtstücken und der Ladefläche beeinflusst. Durch sogenannte Antirutschböden kann die Reibung um ein Vielfaches erhöht werden. Dieser wird direkt im Fahrzeug aufgespritzt. Die Effektivität hat der Hersteller KCN aus Baden-Württemberg bei einem Bremstest unter Beweis gestellt und den Test auf Video aufgenommen.

Dazu wurden zwei 275 Kilogramm schwere Paletten auf einen Lkw beladen. Die eine stand auf handelsüblichen Ladematten, die andere auf dem von KCN entwickelten Antirutschboden. Der Fahrer unternahm eine Vollbremsung: Die Palette ohne Beschichtung schob sich mit hoher Geschwindigkeit nach vorne, während die andere sich von selbst nicht verschob. Neben der verbesserten Stabilität gewinnt der Fahrer aber auch mehr Zeit: Er benötigt weniger Zurrgurte und muss auch keine Antirutschmatten auslegen. Ein weiterer Vorteil ist, dass solche Antirutschmatten schon nach einem halben Jahr verschlissen sind, eine Bodenbeschichtung dagegen hält mehrere Jahre.

Zurrgurte mit Telematik

Telematik-unterstützter Zurrgurt

Quelle: SanSet

Das Nutzfahrzeug wird heute immer intelligenter: Multifunktionskameras und Sensoren unterstützen das assistierte und teilautonome Fahren. Aber auch einfache Hilfsmittel wie Zurrgurte lassen sich intelligent nutzen. Der Spezialist SpanSet aus Nordrhein-Westfalen hat auf der IAA 2016 das neue Telematiksystem „Tension Force Transponder“ vorgestellt. Der Clou: In jedem einzelnen Gurt ist ein Bauteil verarbeitet, das über den gesamten Transport hinweg die jeweilige Spannkraft kontinuierlich misst und die Information über einen Transponder ins Führerhaus überträgt. So lassen sich die Sicherungskräfte der Zurrsysteme in Echtzeit prüfen. Fällt die Sicherungskraft eines Spannelementes unter den Sollwert ab, wird der Lkw-Fahrer über eine grafische Anzeige gewarnt und kann den betroffenen Gurt nachspannen – ohne dass er alle Einheiten überprüfen muss.

Flexible Sperrbalken

Flexible Ladungssicherung für variable Anforderungen - Transportsicherheit ist wichtig

Flexible Ladungssicherung für variable Anforderungen – Quelle: Schmitz Cargobull AG

Neben Zurrgurrten kommen oftmals Sperrbalken zum Einsatz, wodurch die Ladung „blockiert“ bzw. festgesetzt wird. Der Trailerhersteller Schmitz Cargobull aus Nordrhein-Westfalen hat die Sicherheit für seine Sattelkoffer optimiert. Ergebnis ist eine durchgängige Schiene für den Einsatz von waagerechten Sicherungsbalken. Eingelassen in der Seitenwand bieten die Schienen eine hohe Stabilität und es werden keine Zapfen und Löcher in Boden oder Dach mehr zur Verankerung von Balken benötigt. So können verschiedene Gütermengen mit der flexiblen Schiene je nach Bedarf abgesichert werden. Das System ist geeignet für alle gängigen Paletten und „unförmigen“ Güter sowie für Rollcontainer.

Forschungsnetzwerk für intelligente Ladungssicherung

Neben zahlreichen Produktinnovationen tut sich im Bereich Ladungssicherung auch in Sachen Wissenschaft einiges. Erst vor kurzem wurde ein Forschungsnetzwerk unter Federführung des Dortmunder RIF Institut für Forschung und Transfer gegründet. Mit dabei sind führende Spezialunternehmen für diesen Bereich. Im Zuge des vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur geförderten Projektes wollen die Beteiligten klären, in welchen Bereichen Messtechnik und Sensoren den Fahrer bei der Ladungssicherung unterstützen oder auch fehlendes Anwenderwissen kompensieren können. Denn gerade beim Thema sicherer Transport werden technische Möglichkeiten wie bei den durch Telematik gestützten Zurrgurten bislang zu selten eingesetzt.

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