29.11.2016 | Olaf Thiel

Freie Fahrt für den Lang-Lkw

Bislang fuhren Lang-Lkw nur mit einer Sondergenehmigung und zu Testzwecken auf den deutschen Autobahnen. Das soll sich nun ändern: Die Gigaliner werden bald zum normalen Straßenbild gehören.

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Durch Lang-Lkw weniger Fahrzeuge auf den Straßen. Quelle: http://archiv.iaa.de/2014/en/press-room/lang-lkw/

Zwei Fahrten mit einem Lang-Lkw ersetzen drei Fahrten mit einem Standard-Lkw. Das war das Ergebnis eines Zwischenberichts der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) zum andauernden Feldversuch der Bundesregierung mit den Gigalinern, der noch bis zum 31. Dezember 2016 geht. Die überlangen Lastwagen dürfen dazu auf einem 11.600 Kilometer langen, festgelegten Straßennetz fahren, größtenteils auf Autobahnen. Im Stadtverkehr sind sie nicht erlaubt. An diesem Testlauf beteiligen sich bis auf Berlin und dem Saarland alle Bundesländer. Erst kürzlich hat Rheinland-Pfalz als 14. Bundesland seine Teilnahme erklärt. Das bisherige Pilotprojekt soll nach Angaben von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt im kommenden Jahr nun in den Regelbetrieb übergehen. Ein genaues Datum für den Start ist noch nicht bekannt.

Giganten der Straßen

Lang-Lkw, Gigaliner oder EuroCombi. Sie alle beschreiben dasselbe: 40 bis 44 Tonnen Gewicht, acht Achsen, maximal 25,25 Meter lang und damit 6,5 Meter länger als normale Lkw. Der extralange Lkw ist wahrlich ein rollender Gigant. Doch eine Neuanschaffung ist gar nicht notwendig. Die Fahrzeuge können einfach aus dem Fuhrpark der Speditionen zusammengestellt werden. Möglich wird dies durch eine spezielle Achsverbindung zwischen unterschiedlichen Lkw-Anhängerformen. Generell sind zwei Zugkombinationen möglich: Bei der ersten Variante zieht die Sattelzugmaschine einen Sattelauflieger, an dem noch ein Anhänger angekoppelt wird. Bei der zweiten zieht ein Motorwagen mit eigener Ladefläche einen Sattelauflieger. Die sogenannte Dolly-Achse – ein mitlenkender Untersetzwagen – bildet dabei das Verbindungsstück.

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Das Gewicht wird schonend auf die Achsen verteilt. Quelle: http://archiv.iaa.de/2014/en/press-room/lang-lkw/

Die Trucks dürfen mit ihrem Gewicht jedoch nicht mehr zuladen als herkömmliche Laster. Deswegen eignet sich der Lang-Lkw insbesondere für Transporte leichter Güter, wie beispielsweise Möbel, Dämmstoffe oder Solarpaneele, die viel Platz einnehmen. Mit ihren acht statt regulär fünf Achsen wird das Gewicht dabei auf mehreren Achsen verteilt. Die BASt geht davon aus, dass so keine zusätzlichen Schäden an der Straßeninfrastruktur entstehen. Auf die Fahrer kommen neue Anforderungen zu. Diese müssen mindestens fünf Jahre Fahrpraxis nachweisen können und eine spezielle Schulung absolvieren.

Lang-Lkw im Fokus der Diskussionen

In den europäischen Ländern wie den Niederlanden, in Schweden und Finnland gehören die Lang-Lkw längst zum Straßenbild. Das Vorhaben ist hierzulande umstritten. Kritisiert wird das Vorhaben seit langem schon von der Bahnbranche, die hier einen weiteren Wettbewerbsvorteil für den Lkw sehen. Der Verkehrsclub Deutschland befürchtet, dass mit der Einführung das Verkehrsaufkommen weiter steige. Verbände wie der ADAC haben Sicherheitsbedenken: Nothaltebuchten, aber auch Raststellen, Kreisverkehre und Kreuzungen sind nicht überall auf Lang-Lkw ausgelegt. Und nach einer Studie des Automobil-Club Verkehr sind 72 Prozent der Deutschen gegen Gigaliner auf den Straßen. Vor allem das erhöhte Unfallrisiko war ein Ablehnungsgrund. Der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) e.V. vertritt dagegen die Ansicht, dass Wirtschaft und Umwelt von den vergrößerten Fahrzeugabmessungen profitieren. Das Logistikgewerbe könne dadurch seine Leistungen effizienter und umweltschonender erbringen.

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VDA-Präsident Matthias Wissmann bezeichnet die Lang-Lkw auf der IAA 2014 als Öko-Laster. Quelle: http://archiv.iaa.de/2014/en/press-room/lang-lkw/

Folgen für die Maut

Branchenexperten erwarten, dass mit dem Regelbetrieb die Zahl von heute rund 160 Lang-Lkw auf mehrere Tausend wachsen werde. Die Bundesanstalt für Straßenwesen prognostiziert in ihrem Zwischenbericht bis zu 10.000 der Riesen-Lkw. Jetzt sind erst mal die Behörden am Zug. Nach dem Feldversuch wird das Projekt ausgewertet. Wenn der Abschlussbericht der BASt vorliegt, wird die Zulassung der Fahrzeuge für den Regelbetrieb durch das zuständige Ministerium vorbereitet. Im Zuge dessen muss auch über die Höhe der Mautgebühren entschieden werden. Vor allem ist die Frage, ob es eine zusätzliche Achsklasse für die Lang-Lkw geben wird.

 

Quelle Titelbild: Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur

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