04.01.2018 | Olaf Thiel

Der Lang-Lkw und seine Langzeitfolgen

Wie sich der viel diskutierte Lang-Lkw auf das Klima und die Verlagerung von Gütern im Jahr 2030 auswirkt, hat jetzt eine Studie beleuchtet.

Sie heißen auch Gigaliner, EuroCombi oder Ökoliner – seit dem 1. Januar 2017 sind sie auf ausgewählten Autobahnabschnitten, Bundesstraßen und einer Vielzahl von Landes- , Kreis- und Gemeindestraßen in Deutschland unterwegs. Das Straßennetz für den Lang-Lkw umfasst 11.600 Kilometer, davon entfallen rund 70 Prozent auf Autobahnen in 14 Bundesländern. Damit ist über die Hälfte des deutschen Autobahnnetzes für den übergroßen Lkw zugelassen. Nur das Saarland und Berlin haben sich der Teilnahme an der Befahrung ihrer Straßen bislang verweigert.

Immer wieder steht der Gigaliner in der Diskussion. Zu den Befürwortern gehören der Verband der Automobilindustrie (VDA) mit den Nutzfahrzeugherstellern und vor allem Interessensverbände des Straßentransportgewerbes. Gegner wie die zur Allianz pro Schiene zusammengeschlossenen Automobilclubs, Umweltverbände und Eisenbahnen befürchten jedoch, dass durch seinen Einsatz Güter von alternativen Verkehrsträgern zurück auf die Straße verlagert werden und dies zu einer höheren Belastung der Infrastruktur und der Umwelt führe.

Lang-Lkw keine Konkurrenz für Bahn

Eine kürzlich erschienene Studie beleuchtet die Klima- und möglichen Verlagerungseffekte des Gigaliners. Die „Analyse des Einsatzes von Lang-Lkw im Hinblick auf seine Klimaeffekte“ wurde vom Land Baden-Württemberg und der Daimler AG in Auftrag gegeben. In die Untersuchung sind Ergebnisse aus dem Realbetrieb von Lang-Lkw beim Stuttgarter Lkw-Hersteller sowie aus dem bundesweiten Feldversuch mit Gigalinern unter Federführung des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) eingeflossen. Im Kern kommt die Studie zu folgenden Ergebnissen:

Der Verlagerungseffekt von konventionellen Lkw auf Lang-Lkw ist relativ gering, der von der Bahn auf die Straße kaum wahrnehmbar. Da aber der Lang-Lkw gegenüber dem konventionellen Lkw auf einer gegebenen Relation eine deutlich wahrnehmbare Treibstoffeinsparung erzielt, ergibt sich in der Summe eine leicht positive Treibhausgasbilanz durch den Einsatz von Lang-Lkw im Vergleich zum Basisszenario ohne Lang-Lkw. Quelle: http://www4.lubw.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/271433/

Der Umstieg von Bahn auf Lang-Lkw würde lediglich einen Anstieg von 1,1 Mio. Fahrzeugkilometer und damit 419 Tonnen mehr Treibhausgase zur Folge haben. Für die Verlagerung von Gütern vom herkömmlichen Lkw auf seinen „großen Bruder“ wird für das Jahr 2030 ein Einsparungspotenzial von mehr als zwei Millionen Fahrten bzw. 269 Millionen Fahrkilometer geschätzt. Der Verbrauch von Dieseltreibstoff soll sich dabei um rund 40 Millionen Liter pro Jahr verringern. Nach Berechnungen der Autoren der Studie sinken die Treibhausgasemissionen damit um mehr als 113.000 Tonnen jährlich. Das entspricht 0,22 Prozent der prognostizierten Gesamtemissionen des Güterverkehrs in Deutschland zu diesem Zeitpunkt. Die Autoren schlussfolgerten, dass das Aufkommen im Straßengüterfernverkehr durch den Lang-Lkw künftig nicht wesentlich entlastet wird.

Durch den Einsatz von Lang-Lkw sind weniger Lkw auf der Straße.

Durch den Einsatz von Lang-Lkw sind weniger Lkw auf der Straße. Dadurch verringert sich der Verbrauch von Dieseltreibstoff. Quelle: http://archiv.iaa.de/2014/en/press-room/lang-lkw/

Vorteile für Spediteure

Für einzelne Speditionen könnten die Effekte vielversprechender sein. Bei der Daimler AG fahren Lang-Lkw regelmäßig zwischen verschiedenen Werken und Zuliefererstandorten. Bei der Analyse wurden mehrere Monate lang elf Strecken mit insgesamt über 5.400 Fahrten und knapp 76.000 Tonnen Ladung genauer betrachtet. Ergebnis: Ein übergroßer Truck ersetzt im Schnitt 1,4 konventionelle Brummis. So konnten insgesamt 1.175 Fahrten und 477.000 Fahrkilometer eingespart werden, was wiederum 11 Prozent bzw. 137 Tonnen weniger Treibhausgase bedeutet. Infolge der Gewichtsbeschränkung auf 40 bzw. 44 Tonnen im kombinierten Verkehr ist der Einsatz des Gigaliners jedoch nur auf wenige leichte und voluminöse Güter beschränkt. Damit sich am Ende die Touren auch wirtschaftlich rechnen, sollten Lang-Lkw sowohl auf der Hin- als auch auf der Rückfahrt beladen sein.

Die detaillierte Studie „Analyse des Einsatzes von Lang-Lkw im Hinblick auf seine Klimaeffekte“ steht kostenlos zum Download zur Verfügung: http://www4.lubw.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/271433/

 

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